Eine Woche Ferien

Bis zum Schuljahr 1998/99 hatten wir hier in NRW nur eine Woche Herbstferien. Und dennoch war diese eine Woche für mich wirklich immer eine Woche frei. Eine ganze, lange Woche. In dieser Woche konnte man alles machen.Lange schlafen, den ganzen Vormittag fernsehen. Da liefen auf RTL 2 und dem Kabelkanal – oder war das da schon Kabel 1 ? – bis etwa 19 Uhr nur Zeichentrickfilme. Von Heidi und den Schlümpfen über Mila Superstar und Georgie irgendwie alles, was ich an Trickfilmen je gesehen habe. Und Baywatch hab ich immer geguckt 😉
Fernsehen war da ohnehin noch etwas anderes als heute. Das einzige Gerät stand im Schlafzimmer meiner Mutter – im Wohnzimmer hatten wir ja keinen Anschluss. Also immer im Bett liegen und die Flimmerkiste beobachten. Heue irgendwie für mich unvorstellbar. Überhaupt so viel fernsehen! Das lässt das aktuelle Fernsehprogramm doch gar nicht mehr zu.
Ich glaube irgendwann kam dann immer meine Oma hoch und hat gefragt, ob ich nicht doch mal raus gehen möchte. Und das habe ich dann auch getan. Mit den anderen Kindern im Wald irgendwelche Höhlen und Baumhäuser gebaut, Pfeil und Bogen geschnitzt und draußen geblieben bis es dunkel wurde.
Als die Ferien noch eine Woche kurz waren hatte ich auch immer in der Schulzeit Geburtstag. Heute muss ich mich oft genug mit Arbeitskollegen einigen, die gerne Urlaub hätten, wenn ihre Kinder Ferien haben.
Schön war’s und lang ist’s her.

Jetzt ist Winter und ich habe eine Woche Urlaub. Eigentlich sogar 11 Tage. Fast zwei Wochen also? Es kommt mir nicht so vor.
Donnerstag und Freitag musste ich lernen, für die Klausur am Samstag.
Am Sonntag war meine Mutter zum Stricken und Adventstee hier, Montag war dann quasi „leer“. Morgens um 8 stand ein Handwerker vor der Tür um etwas zu korrigieren, was beim Bau falsch angeschlossen wurde, gegen Mittag in der Froschkönig zur Uni nach Hamburg gefahren
Gestern war ich beim Rammsteinkonzert. Und es ist genau so, wie ich seit Jahren sage: Das MUSS man einfach mal erlebt haben. Übrigens auch das Musikvideo zu „Engel“ habe ich zu einer Zeit im Fernsehen entdeckt, als die Herbstferien noch kurz waren: 1997.
Heute warte ich noch auf ein Paket um dann nochmal einzukaufen und anschließend Kekse zu backen. Zimtsterne, s/w-Gebäck und Vanillekipferl. Mjam. Außerdem gehe ich noch mit meiner Mutter ins Kino und schauen uns das vampirgeschwängerte , unterlippenkauende Mädchen an.
Morgen geht’s zur Oma, wo ich mir dann eine Geflügelschere ausleihe, da ich abends ein Hähnchen grillen möchte. Mit einem Weber-Grill gibt es KEIN An- und Abgrillen, da wird DURCHgegrillt!!! Den Grill wollte ich vorher auch noch schrubben…
Freitag habe ich schon drei Termine, einen beim Arzt, dann Urlaubsbesprechung und schließlich noch Weihnachtsfeier mit der Station. Indisches Buffet.
Am Samstag sollte es ursprünglich zur Uni gehen, aber der Froschkönig hat irgendwo spontan zwei Karten für „Ben Hur“ in der KölnLanxess-Arena her.
Sonntag ist schon wieder voll mit Familie. Weihnachtsbaum schmücken bei Mama. Und wieder Tee trinken und weinen, dass der Urlaub schon vorbei ist.

Als Kind hatte ich nicht so viel vor. Alles war eher spontan. Jetzt habe ich so viel vor, dass ich es schon planen muss und obwohl das ja nur Dinge sind, die ich gerne mache, und für die ich außerhalb des Urlaubs kaum Zeit habe, kommt es mir dadurch nicht mehr wirklich wie Freizeit vor. Hätte ich jetzt aber eine Woche wirklich gar nichts vor, würde ich mich langweilen. Vielleicht würde ich dann zum Sport gehen. Lernen würde ich dann trotzdem nicht. Fenster putzen auch nicht. Und wenn doch, würde ich – wie jetzt auch – denken, dass ich ja so viel zu tun habe und eine Woche eigentlich viel zu kurz ist.

Mit dem Alter vergeht die Zeit einfach viel schneller.

Das Paket ist mittlerweile angekommen, ich kaufe dann mal Butter und Bittermandelaroma.

Zwei Gedanken…

…zu der Stadt in der ich derzeit lebe:

Hier konnte es letztes Wochende nicht zu solchen Straßenüberflutungen kommen wie in Bochum und Essen:
Die Anwohner sind schließlich, wie bereits erwähnt, sehr auf die Laubentfernung aus. In meiner letzten Aufzählung habe ich den Herrn vergessen, der mit seinem Rasenmäher die Blätter vom Bürgersteig (NICHT von der Wiese!!!) entfernt hat.

Die Stadt scheint ein eigenes Programm zur Nachwuchsförderung zu haben:
In unregelmäßigen Abständen – in den letzten 3 Jahren immerhin 4 Mal – drehen die hier in den bereits dunklen Abendstunden einfach den Saft ab. Angeblich sollen Stromausfälle ja in engem Zusammenhang zu hohen Geburtenzahlen 9 Monate später stehen. (Gab es da nicht mal eine Geschichte aus New York?)
Mich wundert es: Immerhin funktioniert die Pille im Dunkeln genauso gut und ich wüsste auch nicht, was gegen die Verwendung von Kondomen im Dunkeln spricht…
Selbst in Hollywoodstreifen wird das Licht oft erst nach dem Akt wieder eingeschaltet…

Noch ein paar Tote mehr…

…und das Sommerloch ist gefüllt!


Alles was jetzt folgt ist unüberlegt und stark gefärbt. Auch nicht recherchiert. Geschweige denn gründlich.

Nachdem zuletzt 21 tote Loveparadebesucher dank des Sommerlochs ungewöhnlich lange in der Presse herumgeisterten, tun dies neuerdings 3 tote Babies. Gewöhnliche Babies mit gewöhnlichem Tod. Zu früh geboren, krank geboren, krank geworden. Intensivstation. Kontakt mir Erregern, die eigentlich nicht da sein sollten aber doch da sind. Weil für Hygiene kein Geld da ist. Oder keine Zeit. Oder einfach kein Personal! Und eventuell sind sie gar nicht an den Tierchen gestorben. Sie nicht.

Es ist doch total egal, wie die Bakterien in die Infusionen kamen und ob sie todesursächlich waren. Sie waren da und gehörten nicht hin. Es gehören auch keine resistenten Bakterien in Wunden, nicht in die Lunge und nicht an Herzklappen. Auch gehören sie nicht an die Hände von Ärzten, Pflegepersonal und Besuchern. Trotzdem ist jeder Patient in Deutschland zu Beginn des Krankenhausaufenthalts ersteinmal potentiell nicht infektiös. Stört ja auch keinen.
Es sterben jedes Jahr zig Tausende Menschen an den Infektionen, die sie in Krankenhäusern und Pflegeheimen erwerben. Erwachsene. Mit und ohne Familie. Jetzt sind es vielleicht drei Kinder und die Presse schreit laut auf.

Aber was zur Hölle wird das ändern?

Gar nichts.

Wie auch? Im Sommerloch zählen die toten Babies. 3,0. In Worten: Drei Komma Null. Es zählen die defekten Flaschen. 1,0. In Worten Eins Komma Null.
Ein Defekt an der Verpackung führte zur Verunreinigung. Die Mitarbeiter haben keine Schuld. Sie haben ihren Job richtig gemacht. Hatten die Zeit sich ihre Hände zu desinfizieren. Händedesinfekton ist ja auch da A und O. Noch wichtiger, als die Flaschen auf Beschädigungen zu überprüfen. Aber irgendwo muss man die Zeit ja einsparen wenn insgesamt das Personal eingespart wird.

Und so wird es bleiben. Im nächsten Sommerloch wird der Toten aus dem Tunnel gedacht werden. Den vielen Opfern des deutschen Gesundheitssystems nicht.
Wobei es ja eher ein Krankheitssystem ist. Auch wenn man Krankenkassen in Gesundheitskassen und Krankenschwestern in Gesundheits- und Krankenpflegerinnen umbenennt zählt hier die Behandlung der Kranken, nicht der Schutz der Gesunden vor Krankheiten.
Es sei denn man ist privat versichert. Aber dazu vielleicht irgendwann anders eine kleine Anekdote.

Das Loch ist jetzt erstmal gefüllt.

Rosenmontagszug in der Vorstadt

Ich gebe es zu: Ich bin Karnevalist. Und ich bin es gerne!

Es macht mir unglaublichen Spaß, und das jedes Jahr, in der Stadt meiner Kindheit im Rosenmontagszug mitzugehen. Trotz diverser wiederkerhrender Begleiterlebnisse, die einem die Freunde daran nehmen könnten:

  • Dieser Kostümwettbewerb, eigentlich soll er die Qualität der Kostüme, und somit des gesamten Zuges fördern. Mit gewissem Erfolg. Und dem Nebeneffekt des Neides, Gerüchten um Bestechung, voreingenommene Jury, …
    Kann man nicht einfach ein tolles Gruppenkostüm haben und sich freuen, wenn man dafür noch einen Preis bekommt? Muss man da die anderen dafür verurteilen, dass sie mehr „Anerkennung“ erhalten haben? Anerkennung. Darum geht es doch eigentlich im Karneval gar nicht!
    Um Spaß geht es. Und den verderben sich zu viele schon bei der Aufstellung durch Missbilligung der anderen Gruppen, in der Angst, dass diese „besser“ sein könnten.
  • Die Kälte, dieses Jahr so schlimm wie nie. Stundenlanges Warten. Eine Stunde vor dem Start schon zur Aufstellung gehen. Rumstehen. Warten. Und dabei frieren. Die Bewegung fehlt dann einfach und kann auch durch beste Stimmung und Karnevalsmusik nicht in ausreichendem Maße erreicht werden.
  • „Bettelnde Kinder am Straßenrand“, vorgeschubst von ihren Eltern. Die Plastiktüte weit aufgehalten. Und immer wieder dieser fordernde Ruf. „Alaaf!“ Gut gelaunt, erfreut, spaßig sollte er klingen. Aber er klingt fordernd. Wird immer wiederholt. Geht man an der Tüte vorbei ohne sie mit „Kamelle“ zu füllen kann auch schonmal ein anderer Ruf folgen. „Schlampe!“
    Leider, ob das jetzt politisch korrekt ist wage ich anzuzweifeln, aber es ist das, was wir beobachten konnten, sind diese Kinder nahezu immer aus Familien mit Migrationshintergrund. Im Hauseingang steht die Mutter mit Kopftuch und bewacht die bereits gefüllten Tüten. Die Vermutung, dass gar nicht „Alaaf „sondern „Allah“ gerufen wird hatten einige aus unserer Gruppe.
  • Halbstarke, denen bewusst geworden ist, dass die meisten da hin werfen wo viele Kinder stehen, sind auch so eine Sache. Der Kerl, ich würde sagen etwa 15 Jahre alt, der sich auf den Boden gekniet hat und rief „ich bin auch ein kleines Kind“ war schon irgendwie beeindruckend. Nichteinmal ein Kostüm hatte er an. Im Kontrast dazu die kleine Prinzessin, schätzungsweise 5 Jahre alt. Sie rief: „Ich will nichts mehr!“

Aber es war wieder ein schöner Rosenmontag. Trotz übelster Witterungsbedingungen standen so viele am Straßenrand. Mehr als letztes Jahr. Und es wurde viel aufgehoben. Nicht nur Waffeln und Chips. Das, was liegen blieb, hätte wohl auch niemand mehr essen sollen. Bonbons in undichter Verpackung in salzigen Schneepfützen.

Guten Appetit. Mit freundlichen Grüßen Ihr Zahnarzt.

Kettenreaktion nach Shakespeares Vorbild

Die Kommunikation vorweg war denkbar schlecht. Statt „nicht vor 8“ war „um PUNKT halb 8“ gemeint.

Wie das bei Shakespeare nunmal so ist, sorgt die Störung in diesem einen Kettenglied für eine absolute Instabilität und Folgeprobleme:

  • Das Essen war gar nicht mal schlecht. Dummerweise wurde damit nicht auf uns gewartet und für jeden nur ein Teller aufbewahrt
  • Ein gemeinsames Wii-Spielen gab es nicht. Das „Turnier“ war bereits in vollem Gange.Kommunikation kam nicht zustande. 4 Leute spielten, die Frau des Gastgebers hatte sich schon zum Schlafen gelegt. Wir verspeisten die Anstandsreste.
  • Schweineöhrchen als Nachspeise kommen gut an.
  • Durch mangelnde Kommunikation/Gruppenbeschäftigung kam es zu einer Spaltung: Ein Pärchen hat sich in einen etwas abgetrennten Bereich zurückgezogen und sich dort schoneinmal mit der Sommerurlaubsplanung beschäftigt. Ich hinterher. Die haben wenigstens dabei geredet. Ein Gespräch über Urlaubsziele in Europa entstand.
  • Um kurz vor Mitternacht dann Wiedervereinigung. Sogar die Dame des Hauses ist aus ihrem Dornröschenschlaf erwacht. Anstoßen mit dem Sekt. Dann raus in die Kälte. Hat sich wohl doch wieder jeder sein eigenes Feuerwerk besorgt. Wer hätte das gedacht?!
  • Wieder zurück ins Warme. Die Gastgebergattin, die im Warmen geblieben ist, hatte nun noch ihr Partyfeuerwerk. Glitzer und Luftschlangen. Wurde alles direkt nach der Verwendung wieder entsorgt.

Ab hier war es dann irgendwie doch wieder eine gemeinsame Feier.

  • Gemeinsames Bleigießen. Viele Spermien. Zwei Katzen, ein Baum.
  • Dornröschen geht wieder in ihr Schlafgemach.
  • Kinderspielzeuge bewundern und Rüffel vom Familienpapa erhalten. (Kinderspielzeug hat in Bodennähe nicht zu suchen! Wo lernt der kleine denn Krabbeln und Laufen?)
  • Das erste Pärchen geht.
  • Wir gehen. Mit einer Flasche Sekt.
  • Mein Freund ist enttäuscht.

Nächstes Jahr wird es anders.

Lieblingsoption: Bekannten in München besuchen.
Alternativplan: Bei einer Silvestergala in Abendgarderobe den Altersdurchschnitt senken.

Wetterbericht: Es ist kalt in (ganz) Deutschland!

Es ist kalt. Aber nicht so kalt. Es schneit.

So viel Schnee wie in diesem Jahr habe ich zuletzt in meiner Kindheit gesehen. Da war ich 3 oder 4 Jahre jung und habe in einem Schneeanzug draußen gespielt bis ich vollgesogen war wie ein Schwamm und meine Mutter mich gezwungen hat reinzukommen.

Dieses Jahr ist also das Jahr des Schnees. Januar bitterkalt, Schnee und Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt wechseln sich ab. Jetzt wieder: Schon die ganze Woche immer wieder eine dezete Puderschicht auf Dächern und Autos.
Freitag – wir gerade auf einer Weihnachtsfeier – wird es nachts dann spontan weiß. Ganz weiß. Die Entscheidung fällt: Wir fahren. Im Schnee, der ist ja nicht das Problem. Bevor die anderen Verkehrsteilnehmer durch Unfälle die Autobahnen verstopfen. Weise Entscheidung.
Gestern Morgen fiel kein Schnee mehr. Zu kalt. Auf dem Weg zum Supermarkt zeigt das Thermometer -15°C. Es ist verdammt kalt! Weihnachtsbaumkauf für Oma ist schwieriger als gehofft: Die Buschigkeit und deren gleichmäßige Verteilung einer Nordmanntanne lassen sich nicht gut beurteilen wenn die Zweige nach oben hin eingefroren sind. Kauf auf gut Glück.
Abends in den Nachrichten bei einem Freund dann Bilder von Kindern mit Schlitten auf einer wohl ehemals weißen, jetzt weißbraunen Wiese. Erinnerungen an Erzählungen vom Jahresanfang. Nachtrodeln, Sprünge mit dem Schlitten über zufällige Rampen, blutiges Gesicht. Erzählungen die ich wohl jetzt auch wieder hören könnte. Oder sogar daran teilhaben.

Heute morgen wieder das Bild vom weißen Treiben. Es ist so schön

Ob es wohl bis Donnerstag noch hält?

Leckerei aus der Weihnachtsbäckerei

Es gehört zu Adventszeiten wie das Eier färben zu Ostern:

Plätzchen backen im heimischen Backofen.

Früher mit meiner Mutter zusammen in einer winzigen Küche sind da mehrere blecherne Keksdosen und Kessel mit den Köstlichkeiten gefüllt worden – ich habe immer das Schwarz-Weiß-Gebäck geliebt, sie hingegen die damit verbundene Arbeit gehasst.
Heute kann ich meine Mutter irgendwie verstehen: Teig zusammenkneten, kühlen, in Form schneiden, zu Rollen formen, immer wieder kühlen weil er zu sehr klebt, in Scheiben schneiden, nochmal kühlen weil er sich nicht schneiden lässt, … Meine Lieblingskekse sind schon eine furchtbare Arbeit. Erst recht, wenn man als Kind am Liebsten die Variante „Schachbrett“ bevorzugt.

Mit meiner Mutter habe ich zuletzt 2005 gebacken. Darunter auch Schwarz-Weiß-Gebäck. In ihrer Küche.
Heute backe ich mit meinem Freund. In unserer bald gemeinsamen Küche.

Ursprünglich geplant waren Kokosmakronen und Vanillekipferl. Eine sehr typische Mischung nehme ich an. Wegen der Eier.
Gebacken werden Makronen und Schoko-Mandel-Plätzchen. Eigelb egal. Er möchte etwas schokoladiges. Ich auch.

Letztes Jahr haben wir das auch schon gemacht und anschließend bei seiner Mutter die süßen Köstlichkeiten vernascht. Ich freu mich schon. Dieses Jahr haben wir auch eigene Keksdosen und müssen nicht wieder alles in einem Kessel verstauen.

Schade, dass wir nicht öfter Besuch bekommen. Wäre doch toll dann die eigenen Plätzchen anbieten zu können. Vor allem meinen Freunden, die hier ja noch nie waren.

Es gibt solche und solche Eltern

Zu unterscheiden sind zwei Kategorieen.

1. Die Unersättlichen

Sie sind mit ihren Kindern nie zufrieden, nie vollends. Immer sollten die Sprösslinge mehr leisten. Besonders einfach zu erklären bei Schülern:

Bringen sie eine 2 mit nach Hause folgt die Frage, warum sie denn keine eins geschrieben haben.
Oft werden sie dann auch mit ihren Mitschülern verglichen. Hat dann jemand aus dem Freundeskreis die Bestnote, schlimmstenfalls noch jemand, der deutlich weniger Zeit mit dem Schulstoff verbringt, werden Freizeitaktivitäten vorerst gestrichen.

Liegt dann die Note „sehr gut“ vor, reichen die schulischen Leistungen nicht mehr um die Eltern zu erfüllen. Der Nachwuchs könnte ja noch Klavier spielen lernen. Und vielleicht noch Ballett, aber bei den Schulaufführungen, die es ja immer gibt, muss dann auch die Hauptrolle her. Und wehe die Schule leidet darunter!

Im Freundeskreis erlebt habe ich auch, dass Diäten aufgezwingen werden. Schließlich sollte die Tochter nicht nur die schlauste und begabteste von allen Töchtern dieser Welt sein, sondern auch die hübscheste und schlankeste.

Nach der Schule ist mit der ständigen Unzufriedenheit noch lange nicht Schluss. Wenn die Küken ausfliegen, wird noch nachgehakt, ob sie sich das auch wirklich zutrauen. Sie wären ja schließlich noch nie so wirklich alleine gewesen, außerdem ist ein eigener Haushalt ja auch schrecklich viel Arbeit. Eine 30qm große Wohnung ist ja auch nichts richtiges. Andere in dem Alter hätten ja schließlich schon deutlich mehr Wohnfläche. Hier wird natürlich außer Acht gelassen, dass „andere“ nicht 13 Jahre zum Gymnasium gegangen sind um dann etwas zu studieren, was den Eltern gefällt, sondern nach 10 Jahren Schule eine Ausbildung zur Rechtsanwaltfachangestellten begonnen und nun bereits abgeschlossen haben.

Mit Problemen ihrer Kinder werden diese Eltern nicht belastet, da sie ohnehin, wenn sie denn überhaupt zuhören würden, keine Lösungshilfe sind. Statt dessen käme der Vorwurf, dass die Probleme ja wirklich überfliüssig seien. Warum man denn ncht einfach funktionieren könnte?

Diese Gruppe ist vermutlich mit dem eigenen Leben unzufrieden. Eventuell fühlen sie sich selbst als Versager, die nie etwas erreicht haben und ihren Kindern soll es doch bloß besser gehen. Sie sollen nicht die gleichen Fehler machen, die man selbst bereut. Das jedoch geben sie nicht zu. Und erst recht nicht ihren Kindern gegenüber. Man ist ja das Vorbild und hat immer das richtige getan.

2. (N)Immersatt

Was man auch geschieht, sie vergöttern ihre Kinder.

Die Noten sind miserabel: „Du machst ja auch so viele andere Sachen nebenbei, da ist es nicht schlimm, wenn du mal etwas schlechter in der Schule bist. Wir sind ja so stolz auf dich!“

Der Nachwuchs hat keine Freundschaften mit Leuten aus seiner Umgebung in seinem Alter sondern beschäftigt sich ausschließlich mit seinem Rechner und dem Internet: „Wir finden es super, dass du dich so sehr mit den modernen Medien auseinandersetzt. Sicher wirst du später auch einmal in dieser Branche eine tolle Karriere machen. Außerdem ist es immer ruhig bei uns zu Hause, keine lärmenden Freunde die durch das Treppenhaus jagen.“

„Ja Mama, das ist Marihuana in meiner Schultasche, ich wollte das nur mal ausprobieren.“ – Statt der Aufklärung über die Gefahren kommt dann die Lobrede, dass ihr Sprössling ja so ehrlich und verantwortungsvoll ist, seine eigenen Erfahrungen macht und sich ja so sehr von seinen Mitschülern abhebt. Toll ist auch, dass er so individuell ist statt einfach mit dem Strom zu schwimmen.

Sollte man, warum auch immer, mit irgendwelchen Problemen zu dieser Sorte von Eltern gehen – vielleicht weil sie so gut zuhören, gar nicht mehr daran denken etwas anderes zu tun wenn ihr Fleisch und Blut einmal begonnen hat zu reden – dann erwarten einen auch hier keine hilfreichen Worte. Aber Aufmunterung: „Kopf hoch meine kleine Maus. Du hast doch schon so viel erreicht. Und selbst wenn etwas nicht so funktioniert wie du dir das vorgestellt hast ist es doch bewundernswert, dass du dich traust das immer zu zugeben. Und wie viele junge Menschen haben kaum noch Zeit für ihre Eltern? Du hast immer Zeit für mich obwohl dein Beruf dich so sehr einspannt. Das wird schon wieder….“

Sie beommen nie genug von ihren Kindern, alles was man ihnen bietet macht sie überglücklich und erfüllt sie mit Stolz.
Vielleicht rührt dieser Stolz daher, dass sie selbst sich nie etwas getraut haben, gemacht haben was ihre Eltern (Kategorie 1) ihnen gesagt haben. Sich selbst unterdrückt gefühlt haben und ihren Kindern nun jeden Freiraum geben möchten, den sie nie hatten? Vielleicht haben sie aber auch keinen anderen Lebensinhalt und ein kritischer Blick auf ihre Kinder würde sie in eine schwere Depression werfen?

Fakt ist: Egal was Eltern tun, bei Problemen helfen sie ihren Kindern nicht. Dafür brauchen sie Freunde. Echte.